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Mandanteninformationen für GmbH-GF/-Gesellschafter September 2018


Liebe Mandantin, lieber Mandant,


auch im vergangenen Monat hat sich rund um Steuern, Recht und Betriebswirtschaft einiges getan. Über die aus unserer Sicht wichtigsten Neuregelungen und Entscheidungen halten wir Sie mit Ihren Mandanteninformationen gerne auf dem Laufenden. Zögern Sie nicht, uns auf einzelne Punkte anzusprechen, wir beraten Sie gerne!

Mit steuerlichen Grüßen


Stephan Gißewski, Steuerberater


Inhalt

1.

Warum Tankgutscheine Arbeitnehmern nicht im Voraus ausgehändigt werden sollten

2.

Eigenmächtig Urlaub genommen: Kündigung ist rechtmäßig

3.

Stichtag Sonderzahlungen: Tarifliche Rückzahlungsklausel wirksam

4.

Gewerbesteuer: Wann Miet- und Pachtzinsen hinzugerechnet werden müssen

5.

Zur Korrektur eines Steuerbescheids

6.

Überschussprognose umfasst nur in Ausnahmefällen die Nutzung durch den Rechtsnachfolger

7.

Beschränkung des Schuldzinsenabzugs bei Überentnahmen

8.

Wie sich der Gewinn zwischen Komplementär-GmbH und Kommanditisten verteilt

9.

Vergessene Kürzung des Investitionsabzugsbetrags: Bilanzänderung nur unter strengen Voraussetzungen möglich

10.

Einvernehmliche Auflösung des Arbeitsvertrags: Kann die Abfindung ermäßigt besteuert werden?

11.

Wahl der degressiven Gebäude-AfA bindend

12.

Instandsetzung eines Mietobjekts: Wann anschaffungsnahe Herstellungskosten vorliegen

13.

Vermieter kann Schadensersatz auch ohne Fristsetzung verlangen

14.

Auch für die Bereitschaftszeit von Rettungsassistenten gilt der gesetzliche Mindestlohn

15.

Keine Filesharing-Störerhaftung für Betreiber von WLAN-Hotspot

16.

Fiktive Schadensberechnung: Rechtsprechungsänderung zum Nachteil der Bauherren



1. Warum Tankgutscheine Arbeitnehmern nicht im Voraus ausgehändigt werden sollten

Der Arbeitgeber sollten seinen Arbeitnehmern Tankgutscheine besser nicht für mehrere Monate im Voraus aushändigen. Denn sonst fließt der gesamte Sachbezug bereits bei Erhalt der Gutscheine als Arbeitslohn zu. Dies gilt auch dann, wenn die Arbeitnehmer nur einen Gutschein pro Monat einlösen dürfen.

Hintergrund

Ein Arbeitgeber wandte seinen Arbeitnehmern einmal im Jahr 44-Euro-Tankgutscheine zu. Diese waren jederzeit einlösbar und nicht personengebunden. Jeder Arbeitnehmer bekam pro Jahr 8 Gutscheine, pro Monat durfte nur ein Gutschein eingelöst werden. Die Tankquittungen waren später zur Kontrolle vorzulegen.

Der Arbeitgeber war der Auffassung, dass den Arbeitnehmern die Vorteile aus den Gutscheinen erst mit ihrer jeweiligen Einlösung an der Tankstelle zugeflossen waren. Die steuerfreie 44-Euro-Freigrenze hielt er deshalb für anwendbar. Das Finanzamt ging jedoch davon aus, dass die Gutscheinwerte zusammengeballt im Monat der Übergabe zugeflossen waren. Die 44-Euro-Freigrenze war deshalb überschritten.

Entscheidung

Die Klage des Arbeitgebers hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass es bereits bei Hingabe der Gutscheine zu einem Lohnzufluss kam.

Die Begründung: Einnahmen sind steuerlich zugeflossen, wenn der Empfänger die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Gelder erlangt. Über Gutscheine, mit denen Güter bei einem Dritten erworben werden können, kann der Arbeitnehmer bereits bei Hingabe verfügen, ohne dass der Arbeitgeber hierauf noch Einflussmöglichkeiten hat. Bereits zu diesem Zeitpunkt erfolgte im vorliegenden Fall also der Zufluss aufseiten des Arbeitnehmers. Der nicht personengebundene Tankgutschein stellte nach Auffassung des Gerichts eine Art Wertpapier dar, mit dem der Arbeitnehmer nach Belieben verfahren konnte.

Die wirtschaftliche Verfügungsmacht wurde nicht dadurch beschränkt, dass der Arbeitnehmer nur einen Gutschein pro Monat einlösen durfte. Diese Weisung bezog sich lediglich auf die steuerlichen Konsequenzen.

2. Eigenmächtig Urlaub genommen: Kündigung ist rechtmäßig

Tritt ein Arbeitnehmer eigenmächtig einen Urlaub an und erscheint er auch auf Aufforderung des Arbeitgebers nicht am Arbeitsplatz, ist eine fristlose Kündigung gerechtfertigt.

Hintergrund

Die Arbeitnehmerin war als Junior Business Excellence Manager mit Controlling-Tätigkeiten tätig. Berufsbegleitend absolvierte sie das Masterstudium "BWL Management". Dieses schloss sie mit einer Prüfung am Mittwoch, den 21.6.2017, erfolgreich ab. Für die 2 Tage bis zum Wochenende nach ihrer Prüfung hatte sie Urlaub beantragt und genehmigt bekommen.

Nach dem Wochenende erschien die Arbeitnehmerin nicht im Betrieb, sondern schickte stattdessen mittags eine E-Mail an ihren Vorgesetzten, in der sie ihm mitteilte, dass sie die komplette Woche von Montag bis Freitag spontan Urlaub machte. Ihr Vater hatte sie zur bestandenen Prüfung mit einem Mallorca Aufenthalt überrascht und in der Euphorie und Eile keine Möglichkeit gehabt, rechtzeitig einen Urlaubsantrag zu stellen. Per E-Mail teilte ihr der Vorgesetzte nachmittags mit, dass ihre Anwesenheit aus dringenden betrieblichen Gründen erforderlich war. Einen Tag später informierte die Mitarbeiterin ihn, dass sie bereits seit dem Wochenende auf Mallorca war und nicht ins Büro kommen konnte.

Als die Arbeitnehmerin nach dieser Urlaubswoche auch am darauffolgenden Montag nicht zur Arbeit erschien, kündigte der Arbeitgeber nach Anhörung des Betriebsrats fristgerecht.

Gegen diese Kündigung wehrte sich die Arbeitnehmerin vor Gericht.

Entscheidung

Die Klage hatte weder vor dem Arbeitsgericht noch vor dem Landesarbeitsgericht Erfolg. Eine Urlaubsabsprache zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer konnte das Gericht nicht erkennen. Die eigenmächtige Inanspruchnahme von Urlaub war im vorliegenden Fall ein Kündigungsgrund. Es wäre nach Ansicht der Richter sogar eine fristlose Kündigung gerechtfertigt gewesen. Dass die Arbeitnehmerin an dem eigenmächtig genommenen Urlaub festhalten und nicht zur Arbeit kommen würde, teilte sie dem Arbeitgeber mit ihrer letzten E-Mail mit. Dadurch hatte sie jedoch die falschen Prioritäten gesetzt. Insbesondere verletzte sie ihre vertragliche Pflicht zur Arbeit.

Eine Abmahnung war hier nicht erforderlich. Auch fiel die Interessenabwägung in Anbetracht der kurzen Beschäftigungsdauer zulasten der Arbeitnehmerin aus. Die Kündigung des Arbeitgebers hatte damit Bestand.

3. Stichtag Sonderzahlungen: Tarifliche Rückzahlungsklausel wirksam

Gratifikationen werden häufig als Belohnung für bestehende und künftige Betriebstreue gewährt. Daher wird die Zahlung oft mit einer Rückzahlungspflicht verbunden – für den Fall, dass der Arbeitnehmer vor einem bestimmten Stichtag aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Eine solche Rückzahlungsklausel, die im Tarifvertrag geregelt ist und auf die im Arbeitsvertrag Bezug genommen wird, ist laut Bundesarbeitsgericht anwendbar.

Hintergrund

Der Arbeitnehmer war seit 1995 als Busfahrer in einem Verkehrsunternehmen beschäftigt. In seinem Arbeitsvertrag wurde auf einen Tarifvertrag Bezug genommen, der einen Anspruch auf eine Sonderzuwendung vorsieht. Der Tarifvertrag regelte, dass die Sonderzuwendung vom Arbeitgeber bis zum 1. Dezember zu zahlen ist und auch der Vergütung für geleistete Arbeit dienen soll.

Weiter legt der Tarifvertrag folgende Rückzahlungsmodalität der Sonderzuwendung fest: Wenn der Arbeitnehmer in der Zeit bis zum 31. März des folgenden Jahres aus eigenem Verschulden oder auf eigenen Wunsch aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, ist die Sonderzahlung von ihm zurückzuzahlen.

Der Arbeitnehmer kündigte das Arbeitsverhältnis im Oktober 2015 zum Januar 2016. Mit der Novemberabrechnung zahlte der Arbeitgeber die tarifliche Sonderzuwendung in der Höhe eines Monatsentgelts. Nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses verlangte der Arbeitgeber die Sonderzuwendung entsprechend der tarifvertraglichen Regelung zurück. Dies verweigerte der Arbeitnehmer jedoch.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht gab dem Arbeitgeber recht. Zwar wäre die Rückzahlungsregelung in einem individuellen Arbeitsvertrag wohl unwirksam. Die Rückzahlungsverpflichtung des Arbeitnehmers, die sich aus der tarifvertraglichen Stichtagsregelung ergab, verstieß jedoch nicht gegen grundgesetzliche Regelungen.

Den Tarifvertragsparteien stand aufgrund der durch das Grundgesetz geschützten Tarifautonomie – anders als Arbeitsvertrags- und Betriebsparteien – ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Daher haben Tarifparteien ein Vorrecht bei der Einschätzung, wie tatsächliche Gegebenheiten, betroffene Interessen und Regelungsfolgen zu beurteilen sind. Zusätzlich steht ihnen ein Beurteilungs- und Ermessensspielraum hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung der Regelung zu.

Dabei sind Tarifvertragsparteien nicht verpflichtet, die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. Gibt es für die getroffene Regelung einen sachlich vertretbaren Grund, genügt dies.

Im konkreten Fall kamen die Richter zu dem Ergebnis, dass die Grenzen des erweiterten Gestaltungsspielraums der Tarifvertragsparteien nicht überschritten wurden. Die tarifvertragliche Regelung griff zwar in die Berufsfreiheit der Arbeitnehmer ein. Die Einschränkung der Berufsfreiheit der Arbeitnehmer war aber letztlich noch verhältnismäßig.

4. Gewerbesteuer: Wann Miet- und Pachtzinsen hinzugerechnet werden müssen

Ist das Wirtschaftsgut zum Bilanzstichtag ausgeschieden, können die Miet- und Pachtzinsen für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens dem Gewerbeertrag hinzugerechnet werden – sagt das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht. Für eine endgültige Entscheidung muss der Bundesfinanzhof sorgen.

Hintergrund

Eine GmbH war in der Baubranche tätig und mietete im Jahr 2008 eine Vielzahl von Maschinen und Baustelleneinrichtungen an. Den Aufwand für die darin enthaltenen Finanzierungsentgelte bezog das Finanzamt in die Hinzurechnung nach dem Gewerbesteuergesetz mit ein. Die GmbH wehrte sich dagegen mit einem Einspruch und machte geltend, dass die Finanzierungskosten in den Miet- und Pachtaufwendungen nicht hinzuzurechnen sind. Das gilt zumindest, soweit diese als Baustelleneinzelkosten zu Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens geführt haben.

Das Finanzamt folgte dieser Argumentation nur insoweit, als eine Aktivierung dieser Wirtschaftsgüter erfolgt war. Im Übrigen hatten die Aufwendungen den Gewinn der GmbH gemindert und waren deshalb anteilig bei der Gewerbesteuer hinzuzurechnen.

Entscheidung

Die Klage der GmbH beim Finanzgericht hatte keinen Erfolg. Die Richter entschieden, dass Mieten und Pachten für Baustelleneinzelkosten hinzuzurechnen sind, soweit das Umlaufvermögen bereits unterjährig aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden ist. Miet- und Pachtzinsen für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die zu Herstellungskosten für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens führen, sind nämlich dann anteilig hinzuzurechnen, soweit diese Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens noch vor dem Bilanzstichtag aus dem Betriebsvermögen ausscheiden. Mit dem Ausscheiden kommt es zu keiner Speicherung des Aufwandes durch eine Aktivierung.

5. Zur Korrektur eines Steuerbescheids

Wann ist eine Folgeänderung nach § 174 Abs. 4 AO wegen widerstreitender Steuerfestsetzungen zulässig? Und in welchen Fällen kann ein Steuerbescheid nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO wegen neuer Tatsachen geändert werden? Mit diesen Fragen beschäftigte sich das Sächsische Finanzgericht – und bald auch der Bundesfinanzhof.

Hintergrund

Der Kläger war selbstständiger Handelsvertreter. Er bildete im Jahr 2004 in seiner Gewinnermittlung eine Ansparrücklage für die Anschaffung eines Transporters. Bei der Veranlagung 2007 stellte das Finanzamt fest, dass die Rücklage bisher nicht aufgelöst und der Transporter nicht angeschafft worden war. Deshalb löste es die Rücklage im Einkommensteuerbescheid 2007 gewinnerhöhend auf.

Nach seinem erfolgreichen Einspruch änderte das Finanzamt aber auch den Einkommensteuerbescheid für 2006, und zwar nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Dabei erhöhte es den Gewinn um den Betrag der Rücklage plus Zinsen.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass das Finanzamt den Gewinn zu Recht im Jahr 2006 erhöht hat. Allerdings hält das Finanzgericht § 174 Abs. 4 AO für die zutreffende Korrekturvorschrift. Die Begründung: Ist aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der aufgrund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, können nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheides die richtigen steuerlichen Folgen gezogen werden. Diese Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall gegeben.

Die Auflösung der Rücklage im Einkommensteuerbescheid 2007 war objektiv unrichtig. Das Finanzamt beurteilte den Sachverhalt irrig, weil es offenbar der Meinung war, dass die unterbliebene Auflösung der Rücklage in der nächsten offenen Veranlagung berücksichtigt werden müsste. Der Kläger legte zudem gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid 2007 Einspruch ein, dem das Finanzamt abhalf. Auch war es die materiell richtige Rechtsfolge, den Einkommensteuerbescheid 2006 zu ändern.

6. Überschussprognose umfasst nur in Ausnahmefällen die Nutzung durch den Rechtsnachfolger

Wird eine Einkunftsquelle unentgeltlich übertragen, orientiert sich die Überschussprognose regelmäßig an der Nutzung des Vermögensgegenstands durch den Steuerpflichtigen. Die Nutzung durch den Rechtsnachfolger kann nur ausnahmsweise berücksichtigt werden.

Hintergrund

S errichtete im Dezember 2006 eine in Liechtenstein ansässige Stiftung. Nachdem S dieser Darlehen zur Verfügung gestellt hatte, beteiligte sich die Stiftung als Kommanditistin an der vermögensverwaltenden X-GmbH & Co. KG, die ihren Sitz im Inland hatte. In den Jahren 2006 und 2007 erwarb die KG emittierte Schuldverschreibungen, die sie durch Bankdarlehen finanzierte. Für diese Jahre erklärte sie negative Einkünfte aus Kapitalvermögen. Zum 31.12.2008 übertrug die Stiftung ihre Beteiligung an der KG unentgeltlich auf eine Ltd., die im November 2008 errichtet wurde. Die Stiftung war alleinige Gesellschafterin der Ltd.

In seinen Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2006 und 2007 machte S jeweils ein negatives Einkommen aus der Stiftung geltend. Dabei wies er auf die ab 2016 zu erwartenden positiven Erträge hin. Das Finanzamt war jedoch der Ansicht, dass die Stiftung mangels Einkünfteerzielungsabsicht kein Einkommen im steuerrechtlichen Sinne erzielte, und lehnte die Zurechnung eines negativen Einkommens ab.

Entscheidung

Für Zwecke der Einkommensteuer wird das Einkommen einer Familienstiftung, die Sitz und Geschäftsleitung im Ausland hat, dem unbeschränkt steuerpflichtigen Stifter zugerechnet. Auf der Ebene der Stiftung müssen allerdings die Voraussetzungen der Einkünfteerzielungsabsicht gegeben sein. Der Stiftung sind als Kommanditistin die Einkünfte der KG aus den erworbenen Schuldverschreibungen, d. h. aus Kapitalvermögen, zuzurechnen. Damit kann die Stiftung mittelbar über die KG Einkünfte erzielen. Hinsichtlich der Einkünfteerzielungsabsicht war auf die Verhältnisse der KG abzustellen. Bei Kapitaleinkünften setzt die Einkünfteerzielungsabsicht voraus, dass durch die Vermögensnutzung ein positives Ergebnis erzielt werden kann, d. h. einen Totalüberschuss der steuerpflichtigen Kapitaleinnahmen über die Werbungskosten.

Nach dem Grundsatz der Individualbesteuerung orientiert sich die Überschussprognose regelmäßig an der Nutzung des Vermögensgegenstands durch den Steuerpflichtigen. Nur in wenigen Ausnahmefällen werden bei der Prognose auch die Nutzung durch einen Rechtsnachfolger berücksichtigt, so z. B. bei Generationenbetrieben in der Land- und Forstwirtschaft oder bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

Im Streitfall lag keine Ausnahmesituation vor, sodass die von S erstrebte personenübergreifende Prognose ausgeschlossen war. Denn die Wertpapiergeschäfte waren lediglich auf 10 Jahre angelegt. Darüber hinaus war bereits zum Zeitpunkt des Investments durch die Stiftung geplant, die Einkunftsquelle unentgeltlich auf die in einem Niedrigsteuerland ansässige Ltd. zu übertragen.

7. Beschränkung des Schuldzinsenabzugs bei Überentnahmen

Die Finanzverwaltung verrechnet Verluste immer vorrangig mit Unterentnahmen. Dagegen hat der Bundesfinanzhof jetzt entschieden, dass beim Abzugsverbot für betrieblich veranlasste Schuldzinsen die Bemessungsgrundlage auf den periodenübergreifenden Entnahmeüberschuss zu begrenzen ist.

Hintergrund

A ermittelt seinen Gewinn durch Bestandsvergleich. In den Jahren bis 2006 erzielte er Verluste von rund 712.000 EUR und tätigte Überentnahmen von 751.000 EUR. Für das Jahr 2006 ergab sich eine Unterentnahme von 701.000 EUR, in den Jahren 2007 und 2008 von jeweils 66.000 EUR. A ging davon aus, dass die Unterentnahme des Jahres 2006 um die Überentnahmen der Vorjahre vermindert werden könnten und die verbleibende Überentnahme sich durch die Unterentnahme in 2007 verringerte, sodass für die Jahre 2007 und 2008 keine Überentnahme mehr verblieb. Das Finanzamt verrechnete dagegen die Unterentnahme 2006 mit dem vorzutragenden Verlust aus den Vorjahren, sodass als Bemessungsgrundlage für die nicht abzugsfähigen Schuldzinsen die Überentnahme der Vorjahre und ein vorzutragender Verlust von 11.000 EUR verblieb. Diesen wiederum verrechnete es in 2007 zunächst mit der Unterentnahme und den verbleibenden Betrag mit der vorgetragenen Überentnahme aus 2006. Im Ergebnis beliefen sich so die Überentnahmen auf 696.000 EUR. In 2008 verrechnete es entsprechend die Unterentnahme von 66.000 EUR mit den aus 2007 vorgetragenen Überentnahmen von 696.000 EUR. Es verblieb eine Überentnahme von 630.000 EUR mit entsprechend nicht abziehbaren Schuldzinsen.

Entscheidung

Die Revision des A vor dem Bundesfinanzhof hatte zumindest teilweise Erfolg. Zwar lagen zwischen 1999 und 2007 bzw. 2008 Überentnahmen in Höhe von 700.000 EUR bzw. 630.000 EUR vor. A hatte in diesem Zeitraum aber nur insgesamt 390.000 EUR bzw. 419.000 EUR mehr entnommen als eingelegt. Da dieser Entnahmeüberschuss die Überentnahmen unterschreitet, bildete er die Bemessungsgrundlage für die nicht abziehbaren Schuldzinsen. Zur Begründung führen die Richter aus:

Die Bemessungsgrundlage der nicht abziehbaren Schuldzinsen entspricht der Summe der Überentnahmen und Unterentnahmen der einzubeziehenden Wirtschaftsjahre. Verluste dürfen nicht zu einer Kürzung des Schuldzinsenabzugs führen. Die Überentnahme ist daher auf den Entnahmeüberschuss begrenzt. Die Überentnahme darf nicht höher sein als die Entnahme und auch nicht höher als die Differenz zwischen Entnahme und Einlage.

Das gilt auch bei der periodenübergreifenden Berechnung der Überentnahme. In einem ersten Schritt waren deshalb Verluste bei den zu addierenden Über- und Unterentnahmebeträgen einzubeziehen. In einem zweiten Schritt war die Bemessungsgrundlage auf den kumulierten Entnahmeüberschuss von 1999 bis zum aktuellen Jahr (Totalperiode) zu begrenzen. Der Grund: Die als Bemessungsgrundlage anzusetzende kumulierte Überentnahme darf nicht höher sein als die Entnahme der Totalperiode und auch nicht höher als die Differenz zwischen allen Entnahmen und Einlagen der Totalperiode. Ist der so ermittelte Wert geringer als die kumulierte Überentnahme der Jahre ab 1999, sind die nicht abziehbaren Schuldzinsen aufgrund dieses Werts zu ermitteln.

8. Wie sich der Gewinn zwischen Komplementär-GmbH und Kommanditisten verteilt

Bei der Gewinnverteilung zwischen einer Komplementär-GmbH und den Kommanditisten bestehen durchaus steuerliche Freiheiten, wie ein aktuelles Urteil des Finanzgerichts Münster zeigt.

Hintergrund

Die Gewinnverteilung der GmbH & Co. KG sprach der GmbH eine angemessene Vergütung für die Geschäftsführung zu. Diese Vergütung gab die GmbH jedoch nicht, wie sonst weitgehend üblich, an die Kommanditisten weiter, die als Gesellschafter der GmbH tatsächlich die Geschäfte der KG führten. Deshalb verblieb der GmbH als Gewinnanteil das Geschäftsführergehalt, auf das ihre Gesellschafter verzichtet hatten.

Das Finanzamt wollte diese Gewinnverteilung nicht anerkennen, da diese allein aus steuerlichen Gründen gewählt worden war. Dadurch wurde dieser Teil des Gewinns bei der GmbH vorerst bis zu einer etwaigen Ausschüttung niedriger besteuert als bei den Kommanditisten.

Entscheidung

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Die Richter entschieden, dass die Gewinnverteilung anzuerkennen war. Dass die Gesellschafter einer GmbH eine Tätigkeit für die GmbH wahlweise entgeltlich oder unentgeltlich ausüben können, war unbestritten. Dieser Grundsatz bleibt nach Gerichtsmeinung auch gültig, wenn die Gesellschafter der GmbH gleichzeitig als Kommanditisten an der KG beteiligt sind. Die Tätigkeit als Geschäftsführer der GmbH und die Beteiligung an der KG liegen auf einer anderen gesellschaftlichen Ebene.

9. Vergessene Kürzung des Investitionsabzugsbetrags: Bilanzänderung nur unter strengen Voraussetzungen möglich

Bei Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags hat der Steuerpflichtige ein Wahlrecht, die Anschaffungskosten um den Investitionsabzugsbetrag zu kürzen. Wurde dies vergessen, kann die eingereichte Bilanz nur nach den strengen Regeln für Bilanzänderungen korrigiert werden.

Hintergrund

Eine GmbH hatte in ihrer Körperschaftsteuererklärung für 2011 außerhalb ihrer Bilanz einen Investitionsabzugsbetrag in Höhe von 200.000 EUR gebildet. Nach Anschaffung im folgenden Jahr rechnete sie den Investitionsabzugsbetrag außerhalb der Bilanz ihrem Gewinn hinzu. Die Anschaffungskosten der Anlagen wurden jedoch in der Steuerbilanz nicht um den Investitionsabzugsbetrag gemindert. Erst später reichte sie eine geänderte Bilanz ein und beantragte eine Minderung des Gewinns um den Investitionsabzugsbetrag.

Das Finanzamt hielt die Änderung der Bilanz nicht für zulässig. Lediglich die Korrektur fehlerhafter Bilanzansätze ist zulässig, nicht aber ein abweichendes Ausüben gegebener Bilanzierungswahlrechte. Ein solches bestand hier hinsichtlich der Kürzung der Anschaffungskosten um den Investitionsabzugsbetrag.

Hintergrund

Das Finanzgericht wies die Klage ab und schloss sich der Auffassung des Finanzamts an. Zwar wird das Wahlrecht für das Bilden eines Investitionsabzugsbetrags außerhalb der Bilanz ausgeübt. Jedoch erfolgt die wahlweise Kürzung der Anschaffungskosten innerhalb der Bilanz. Verzichtet ein Steuerpflichtiger darauf, kann er in den folgenden Jahren entsprechend höhere laufende Abschreibungen in Anspruch nehmen.

Weil eine Bilanz ohne Anrechnung des Investitionsabzugsbetrags nicht fehlerhaft ist, schließt das Gesetz eine Änderung aus, nachdem die Bilanz beim Finanzamt eingegangen ist.

Auch lag keine offenbare Unrichtigkeit vor, die eine Korrektur der Steuerfestsetzung rechtfertigen würde. Deshalb konnte im vorliegenden Fall die Bilanz nicht mehr geändert werden.

10. Einvernehmliche Auflösung des Arbeitsvertrags: Kann die Abfindung ermäßigt besteuert werden?

Wird ein Arbeitsverhältnis einvernehmlich aufgelöst und erhält der Arbeitnehmer in diesem Zusammenhang eine Abfindung, kann für diese die Steuerermäßigung in Anspruch genommen werden. Ob der Arbeitnehmer bei der Vertragsauflösung unter tatsächlichem Druck stand, muss nicht geprüft werden.

Hintergrund

A war bis 31.3.2013 als Angestellter im öffentlichen Dienst beschäftigt, ab 1.1.2013 bezog er Renteneinkünfte. Grundlage für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses war ein im Dezember 2012 zwischen ihm und der Arbeitgeberin geschlossener Auflösungsvertrag, mit dem das Arbeitsverhältnis zum 31.3.2013 im gegenseitigen Einvernehmen beendet wurde. A erhielt mit der Gehaltsabrechnung für März 2013 eine Abfindung von 36.000 EUR. A beantragte, den Abfindungsbetrag dem ermäßigten Steuersatz nach der sog. Fünftelregelung zu unterwerfen.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof sah die Voraussetzungen für die Anwendung der Steuerermäßigung – wie das Finanzgericht vor ihm – als gegeben an.

Eine Entschädigung liegt vor, wenn die Leistung an die Stelle weggefallener oder wegfallender Einnahmen tritt und durch den Verlust steuerbarer Einnahmen bedingt ist sowie dazu bestimmt ist, diesen Schaden auszugleichen, und auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruht. Der Ausfall der Einnahmen muss darüber hinaus von dritter Seite veranlasst worden sein. Eine Entschädigung kann aber auch angenommen werden, wenn der Steuerpflichtige den Einnahmenausfall zwar selbst herbeigeführt hat, er dabei aber unter rechtlichem, wirtschaftlichem oder tatsächlichem Druck stand.

Zahlt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bei einer einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, ist nach Ansicht des Bundesfinanzhofs in der Regel davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht allein aus eigenem Antrieb herbeigeführt hat. Andernfalls hätte der Arbeitgeber keine Veranlassung, eine Abfindung zu zahlen. Stimmt der Arbeitgeber einer Abfindung zu, kann grundsätzlich angenommen werden, dass auch eine rechtliche Veranlassung dazu bestand. Die Richter gingen deshalb davon aus, dass der Arbeitgeber ein erhebliches eigenes Interesse an der Auflösung des Arbeitsverhältnisses hatte. Dass der Arbeitnehmer dabei unter einem nicht unerheblichen tatsächlichen Druck stand, bedurfte keiner weiteren tatsächlichen Feststellungen mehr.

11. Wahl der degressiven Gebäude-AfA bindend

Wer die degressiven Gebäude-AfA in Anspruch genommen hat, kann nicht zur AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer des Gebäudes wechseln.

Hintergrund

A ist Eigentümerin eines bebauten Grundstücks, das sie seit Fertigstellung des Gebäudes in 1994 an ihren Ehemann vermietete. Für 1994 bis 2008 nahm A degressive AfA auf die Gebäudeherstellungskosten in Anspruch. In 2009 errichtete sie einen Anbau an das bestehende Gebäude und machte geltend, dass die Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes nicht 50, sondern nur 25 Jahre betrug. Den noch nicht abgeschriebenen Gebäuderestwert wollte sie um die in 2009 angefallenen Herstellungskosten erhöhen und auf die restlichen 10 Jahre gleichmäßig verteilen. Das Finanzamt berücksichtigte jedoch nur eine AfA von 1,25 % der um die nachträglichen Herstellungskosten erhöhten ursprünglichen Bemessungsgrundlage.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied, dass der Steuerpflichtige an die einmal getroffene Wahl für die degressive AfA grundsätzlich gebunden ist. Der spätere Wechsel zu einer anderen AfA-Methode ist damit prinzipiell ausgeschlossen. Deshalb ist der Wechsel von der degressiven AfA zu der normalen linearen Gebäude-AfA nicht möglich.

Die Frage, ob ein Wechsel von der degressiven AfA zur AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer bei Gebäuden möglich ist, war bisher umstritten. Die Finanzverwaltung schloss den Wechsel aus, beanstandete jedoch die Inanspruchnahme von Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung nicht. Im Schrifttum wurde ein späterer Wechsel zur AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer ausgeschlossen. Der Bundesfinanzhof folgte mit seinem Urteil dieser Schrifttumsmeinung.

Zur Begründung führten die Richter aus: Mit der Wahl der degressiven AfA entscheidet sich der Steuerpflichtige bewusst dafür, die Herstellungskosten in 50 Jahresbeträgen geltend zu machen, die der Höhe nach festgelegt sind. Die damit bezweckte Vereinfachung kann jedoch nur eintreten, wenn die Wahl über die gesamte Abschreibungsdauer bindend ist. Deshalb ist die Wahl der degressiven AfA unabänderlich. Nachträgliche Herstellungskosten sind somit bei degressiver AfA zusammen mit den ursprünglichen Anschaffungskosten bzw. Herstellungskosten mit dem für diese geltenden Prozentsatz abzusetzen.

12. Instandsetzung eines Mietobjekts: Wann anschaffungsnahe Herstellungskosten vorliegen

Die Kosten für die Beseitigung von Schäden, die aufgrund des langjährigen vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache durch den Nutzungsberechtigten entstanden sind, gehören zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten.

Hintergrund

Die Eheleute und Kläger erwarben am 18.10.2012 eine vermietete Eigentumswohnung. In ihrer Einkommensteuererklärung für 2014 machten die Kläger Instandhaltungsaufwendungen in Höhe von insgesamt 12.406 EUR geltend. Davon entfielen 8.517 EUR auf die Erneuerung des Badezimmers, 2.000 EUR auf die Erneuerung der Elektroinstallation, 1.275 EUR auf den Einbau von Fenstern, 186 EUR auf den Austausch einer Scheibe sowie 428 EUR auf verschiedene Ersatzteile und Kleinmaterialien.

Das Finanzamt erkannte jedoch nur die Kosten für verschiedene Ersatzteile und Kleinmaterialien in Höhe von 428 EUR als sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen an. Die übrigen Aufwendungen ordnete es den anschaffungsnahen Herstellungskosten zu und berücksichtigte diese lediglich im Rahmen der AfA. Denn die innerhalb von 3 Jahren nach Anschaffung des Objekts insgesamt geltend gemachten Aufwendungen überstiegen 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes, sodass die Aufwendungen als anschaffungsnahe Herstellungskosten anzusehen waren.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof sah das genauso wie das Finanzamt und wies die Revision der Kläger zurück. Die geltend gemachten Aufwendungen für die durchgeführten Renovierungsmaßnahmen sind den anschaffungsnahen Herstellungskosten zuzuordnen und damit lediglich im Rahmen der AfA zu berücksichtigen. Werden bauliche Maßnahmen innerhalb von 3 Jahren nach der Anschaffung durchgeführt, sieht das Gesetz eine Regelvermutung für das Vorliegen anschaffungsnaher Herstellungskosten vor. Eine Einzelfallprüfung wird dann nicht vorgenommen.

Im Rahmen dieser Regelvermutung sind die Kosten für Instandsetzungsmaßnahmen zur Beseitigung verdeckter, im Zeitpunkt der Anschaffung des Gebäudes jedoch bereits vorhandener Mängel den anschaffungsnahen Herstellungskosten zuzuordnen. Das Gleiche gilt für Kosten zur Beseitigung von bei Anschaffung des Gebäudes angelegter, aber erst nach dem Erwerb auftretender altersüblicher Mängel und Defekte.

Im Ergebnis stellten deshalb die von den Klägern in Höhe von 11.978 EUR geltend gemachten Aufwendungen anschaffungsnahe Herstellungskosten dar. Denn die Kläger haben im Zuge der Instandsetzungsmaßnahmen lediglich den zeitgemäßen Zustand des Mietobjekts wiederhergestellt und dabei übliche, durch eine vertragsgemäße Wohnnutzung entstandene Mängel beseitigt. Soweit in diesem Rahmen "verdeckte", d. h. den Klägern im Zuge der Anschaffung verborgen gebliebene, jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits vorhandene Mängel behoben wurden, gehören die entsprechenden Aufwendungen ebenfalls zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten.

13. Vermieter kann Schadensersatz auch ohne Fristsetzung verlangen

Wenn der Mieter die Mietsache beschädigt, hat der Vermieter einen Anspruch auf Schadensersatz. Eine vorherige Fristsetzung zur Beseitigung des Schadens ist auch bei der Gewerbemiete keine Voraussetzung.

Hintergrund

Der Mieter hatte eine von ihm gemietete Halle genutzt, um dort Rennsportfahrzeuge abzustellen, zu warten und zu reparieren. Nach der Rückgabe der Halle stellte der Vermieter fest, dass der Fußboden der Halle durch Öl, Schmierstoffe und Chemikalien massiv verunreinigt war. Auch an den Wänden befanden sich Schmutzabdrücke. Der Vermieter ließ die Schäden beseitigen und verlangte vom Mieter die hierfür angefallenen Kosten in Höhe von 2.900 EUR als Schadensersatz. Eine Frist zur Beseitigung der Schäden hatte der Vermieter dem Mieter nicht gesetzt.

Entscheidung

Während das Amts- und Landgericht die Klage des Vermieters abgewiesen hatten, weil der Vermieter dem Mieter eine Frist zur Behebung der Schäden hätte setzen müssen, kam der Bundesgerichtshof zu dem Ergebnis, dass ein Schadensersatzanspruch nicht deshalb ausgeschlossen war, weil der Vermieter keine Frist zur Beseitigung der Schäden gesetzt hat.

Schäden an der Sachsubstanz der Mietsache, die durch eine Verletzung von Obhutspflichten des Mieters entstanden sind, sind auch nach Ende des Mietverhältnisses vom Mieter als Schadensersatz neben der Leistung zu ersetzen. Hierbei hat der Vermieter die Wahl, ob er vom Mieter die Wiederherstellung oder eine Geldzahlung verlangt. Einer vorherigen Fristsetzung bedarf es nicht.

14. Auch für die Bereitschaftszeit von Rettungsassistenten gilt der gesetzliche Mindestlohn

Auch für Bereitschaftszeit muss der gesetzliche Mindestlohn gezahlt werden. Ob diese jedoch separat entlohnt werden muss, hängt davon ab, ob mit der Vergütung der Vollarbeit der Bereitschaftsdienst abgegolten ist und der Mindestlohn pro Stunde erreicht wird.

Hintergrund

Der Kläger war als Rettungsassistent bei dem Beklagten beschäftigt und erhielt dafür 2.446,41 EUR brutto monatlich. Auf das Arbeitsverhältnis fand der DRK-Reformtarifvertrag Anwendung. Die regelmäßige Arbeitszeit für die Mitarbeiter im Rettungsdienst betrug danach wöchentlich 38,5 Stunden. Im Januar 2015 und von März bis September 2015 leistete der Kläger insgesamt 318,2 Stunden Arbeitsbereitschaft. Nach der tariflichen Regelung konnte die Arbeitszeit auf bis zu 12 Stunden täglich und durchschnittlich 48 Stunden wöchentlich verlängert werden, wenn in sie regelmäßig eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens 3 Stunden täglich fiel. Mit dem Entgelt war die regelmäßige Arbeitszeit, auch wenn sie verlängert war, abgegolten.

Mit seiner Klage verlangte der Kläger den gesetzlichen Mindestlohn für 318,2 Stunden geleistete Bereitschaft. Er begründete das damit, dass die tarifvertragliche Regelung mit Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes unwirksam geworden war und mit dem tariflichen Entgelt nur die regelmäßige Arbeitszeit von 38,5 Stunden vergütet wurde.

Entscheidung

Mit seiner Klage hatte der Rettungsassistent keinen Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht entschied zwar, dass auch für Zeiten der Bereitschaft der gesetzliche Mindestlohn gezahlt werden muss. Im vorliegenden Fall war der Anspruch jedoch bereits erfüllt. Denn der Kläger hatte in allen Monaten ein Entgelt von 2.446,41 EUR brutto erhalten, wodurch jede der geleisteten Stunden mit dem Mindestlohn bezahlt wurde.

Der Kläger hatte nicht mehr als 48 Wochenstunden gearbeitet, was bezogen auf den Monat 208 Stunden ergab. Multipliziert mit dem damaligen Mindestlohn von 8,50 EUR pro Stunde betrug der Mindestlohn 1.768,00 EUR brutto. Ähnliches ergab sich bei Anwendung der tarifvertraglichen Formel zur Ermittlung des auf eine Stunde entfallenden Anteils des Tabellenentgelts. Daraus errechnete sich ein gesetzlicher Mindestlohn von 1.773,95 EUR brutto. In beiden Fällen überstieg demnach die gezahlte tarifliche Monatsvergütung den gesetzlichen Mindestlohn. Eine zusätzliche Vergütung der Bereitschaftszeiten kam nicht in Betracht.

15. Keine Filesharing-Störerhaftung für Betreiber von WLAN-Hotspot

Wer einen Hotspot betreibt, mit dem er anderen Teilnehmern den Zugang zum Internet über WLAN ermöglicht, und ein Tor-Exit-Node eingerichtet hat, haftet nicht als Störer für von Dritten begangene Urheberrechtsverletzungen.

Hintergrund

Die Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an einem Computerspiel klagte gegen einen Anschlussinhaber, über dessen Internetanschluss das Spiel zum Herunterladen angeboten wurde. Wegen Verletzung ihres Urheberrechts mahnte die Klägerin den Beklagten im März 2013 ab und forderte Schadensersatz sowie die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Nachdem der Beklagte der Aufforderung nicht nachgekommen war, nahm die Klägerin den Beklagten gerichtlich auf Unterlassung, Schadensersatz und Erstattung der Abmahnkosten in Anspruch.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof erachtete im Hinblick auf die Änderung der Rechtslage und die Neufassung des Telemediengesetzes zum 13.10.2017 den geltend gemachten Unterlassungsanspruch für nicht mehr gegeben an. Seit dem 13.10.2017 war die beanstandete Handlung nicht mehr rechtswidrig. Seit diesem Zeitpunkt und für die Zukunft konnte deshalb keine Unterlassung mehr gefordert werden.

Im Hinblick auf die früher geltende Rechtslage hat der Bundesgerichtshof die Rechtsansicht der Vorinstanz jedoch im Wesentlichen bestätigt. Denn der Beklagte hatte es zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung pflichtwidrig unterlassen, seinen WLAN-Anschluss durch den Einsatz eines aktuellen Verschlüsselungsstandards sowie eines individuellen Passworts gegen missbräuchliche Nutzung durch Dritte zu sichern. Die Bejahung der Störerhaftung durch die Vorinstanzen war daher durch die damalige Rechtslage gedeckt gewesen, der Hotspot-Betreiber zum Schadensersatz verpflichtet.

Diese grundsätzlich richtige Rechtsanwendung der Vordergerichte führte dazu, dass der Beklagte trotz des nach der neuen Rechtslage nicht mehr bestehenden Unterlassungsanspruchs vom Bundesgerichtshof verpflichtet wurde, die Rechtsverfolgungskosten der Klägerin zu tragen und dieser den entstandenen Schaden für die Vergangenheit zu ersetzen.

16. Fiktive Schadensberechnung: Rechtsprechungsänderung zum Nachteil der Bauherren

Bisher hatte ein Besteller bei einer mangelhaften Werkleistung die Möglichkeit, die Zahlung in Höhe der fiktiven Mängelbeseitigungskosten zu verlangen. Das galt selbst, wenn diese den Minderwert im Vermögen des Bestellers überstiegen. Damit soll nun nach der geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Schluss sein.

Hintergrund

Die fiktive Schadensberechnung, die auch in der Literatur umstritten war, führte häufig zu einer Überkompensation und damit zu einer nach allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen nicht gerechtfertigten Bereicherung des Bestellers. Daher hält der Bundesgerichtshof an seiner alten Rechtsprechung für ab dem Januar 2002 geschlossene Werkverträge nicht mehr fest.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof hat seine Rechtsprechung zur Schadensberechnung im Werkvertragsrecht zulasten der Bauherren geändert. Behält der Besteller das mangelhafte Werk, ohne den Mangel beseitigen zu lassen, wird sein Schaden nach der sog. "Differenzhypothese" berechnet, also nach der Differenz zwischen dem tatsächlichen Wert der mangelhaften Sache zu dem hypothetischen Wert der mangelfreien Sache.

Begründet wurde dies damit, dass bereits der Mangel des Werks, unabhängig von dessen Beseitigung, der Schaden sei, und zwar in Höhe dieser Kosten.

Der Besteller hat nun insbesondere folgende Möglichkeiten:

Der Besteller, der sein Werk behält und den Mangel nicht beseitigen lässt, kann im Wege der Vermögensbilanz die Differenz des tatsächlichen Wertes der mangelhaften Sache zu dem hypothetischen Wert der mangelfreien Sache verlangen.

Hat er die Sache veräußert, ohne eine Mängelbeseitigung vorgenommen zu haben, kann er den Schaden nach dem konkreten Mindererlös wegen des Mangels bemessen.

Lässt der Besteller den Mangel beseitigen, kann er die von ihm aufgewandten Mängelbeseitigungskosten als Schaden ersetzt verlangen. Vor Begleichung der Kosten kann er die Befreiung von den zur Mängelbeseitigung eingegangenen Verbindlichkeiten verlangen.

Zusätzlich hat der Besteller, der den Mangel beseitigen will, grundsätzlich weiterhin das Recht, einen Vorschuss zu verlangen.

Die Änderungen sind ebenfalls auf Verträge, welchen die VOB/B zugrunde liegen, anwendbar. Zudem soll eine Vorschussklage nach den Karlsruher Richtern nun auch gegen Architekten möglich sein.

Der Ausschluss der Erstattung von fiktiven Mängelbeseitigungskosten soll jedoch nicht auf Kaufverträge bzw. auf das Deliktsrecht (fiktive Reparaturkosten, Schadensberechnung auf Gutachterbasis) anwendbar sein.


Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung


Stephan Gißewski
Steuerberater


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